Im Jahr 2000 beschloss Deutschland den Ausbau von erneuerbaren Energien wie Solarkraft, Biomasse und Windenergie stark zu fördern. Gesetzliche Grundlage dafür war das Erneuerbare-Energien-Gesetz – kurz: EEG. Damit war Deutschland eines der ersten Länder, welches die Energiewende beschlossen hat. Europa und die Welt beobachteten diesen Alleingang interessiert und skeptisch. Durch die Förderung der „Erneuerbaren“ konnten auch Bürgerinnen und Bürger aus dem Klimaschutz wirtschaftlich profitieren, indem sie eigenständig in Windräder und Solarpaneelen investieren und sich somit an der Energiewende beteiligen.

Zwischen 2000 und 2017 wuchs der Erneuerbaren-Anteil im Stromsektor von 6 % auf 36 % an. Heute arbeiten in Deutschland etwa 330.000 Menschen in diesem Sektor. In Zukunft werden wir noch mehr Strom brauchen wie zum Beispiel für Wärmepumpen oder Elektroautos. Ökostrom ist Gebot der Stunde. Denn zum einen ist der Strom aus fossilen Brennstoffen schädlich für Klima und Gesundheit, zum anderen besteht bei Atomstrom ein zu großes Risikopotenzial. 

Die Stromversorgung mit Wind und Sonne unterliegt natürlichen Schwankungen, wie an windstillen oder bewölkten Tagen. Für ein Industrieland wie Deutschland ist die Versorgungssicherheit immens wichtig, demnach müssen genügend Alternativen zur Verfügung stehen. Der Stromhandel mit dem Ausland und die automatische Anpassung des Verbrauchs sind kostengünstige Flexibilitätsoptionen. Für diese Flexibilität ist es hilfreich, dass Deutschland europaweit vernetzt ist. Steuerbare Kraftwerke, die man bei Bedarf hochfahren oder drosseln kann, geben zusätzlichen Spielraum. Darüber hinaus werden in der Zukunft neue Speicher nötig sein. Strom kann in Batterien, Pumpspeicherwerken und durch die Umwandlung in Wasserstoff gespeichert werden, was aktuell noch teuer ist, aber in Zukunft dank des technologischen Fortschritts günstiger werden sollte.

Europa ist bereits gut über den Binnenmarkt und Stromautobahnen vernetzt und bietet somit für diese Herausforderung die passende Lösung. Aus deutscher Perspektive ist der Stromhandel mit Nachbarstaaten gut für die Versorgungssicherheit und die Stromanbieter freuen sich, weil sie Überschussstrom exportieren können. Doch für den Nachbarn Polen beispielsweise ist der überschüssige Strom aus Deutschland eher ein Störfaktor, da es auf seine eigene Netzstabilität achten muss und bei einer Überflutung von ausländischem Strom die eigenen Energieversorger weniger verdienen.

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Deutschland und die anderen EU-Mitgliedsstaaten müssen ihre nationalen Energieinteressen anerkennen, da diese in Europa unterschiedlich sind. Polen setzt bisher auf Kohle, Frankreich auf Atom. Da ist Diplomatie gefragt, ganz besonders aktuell, wo die EU über ihre klimapolitischen Ziele für das Jahr 2030 berät. In der nächsten Phase der Energiewende muss Deutschland besser auf die Interessen seiner europäischen Nachbarn eingehen und darlegen, welche Chance eine europäische Energiewende für die gesamteuropäische Wirtschaft, Gesundheit und Gesellschaft bedeutet. Auch aus deutscher Perspektive muss man sich eingestehen, dass die eigenen Energie- und Klimaziele nur im europäischen Verbund erreichbar sind. Auf den Austausch von Ökostrom sind letztlich alle europäischen Länder angewiesen.

Zudem entscheidet sich die Wettbewerbsfähigkeit europäischer Industrien daran, wie ernst die Politik es mit der Energiewende und dem Klimaschutz nimmt. Der Weltmarkt für klimaschonende Produkte und Prozesse ist riesig und wächst stetig. Eventuell können Regionale Kooperationen und Bürgerenergieprojekte zwischen den europäischen Nachbarn hier den Weg frei machen für 100 % erneuerbare Energie.